
Effizienzsteigerung durch modellbasierte Entwicklung: Ein Fallbeispiel des Steer-by-Wire Force Feedback Aktuators

Bedeutung der modellbasierten Entwicklung für die Produktentwicklung
Die modellbasierte Entwicklung (MBE) hat sich als eine Schlüsseltechnologie zur Reduzierung von Ressourcenverbrauch und Kosten in der Produktentwicklung etabliert. Dieser Bericht zeigt anhand eines Fallbeispiels, wie durch den Einsatz von MBE bei der Entwicklung eines Steer-by-Wire (SbW) Force Feedback Aktuators signifikante Einsparungen erzielt werden können.
Herausforderungen traditioneller Force Feedback Aktuatoren
Traditionelle Force Feedback Aktuatoren in SbW-Systemen verwenden oft große und energieintensive Elektromotoren, um die erforderlichen Drehmomente zu erzeugen. Diese Systeme sind nicht nur teuer in der Herstellung, sondern auch ineffizient im Betrieb. Die Veröffentlichung beschreibt die modellbasierte Entwicklung eines neuartigen Aktuators, der einen Direktantrieb-Elektromotor mit einer Magnetorheologischen (MR) Bremse kombiniert, um diese Herausforderungen zu adressieren.
Modellbasierte Entwicklung für präzise Simulation und Optimierung
Die modellbasierte Entwicklung ermöglichte eine präzise Simulation und Optimierung des Aktuatordesigns. Durch den Einsatz von Simulationsmodellen konnten verschiedene Designvarianten schnell und kosteneffizient bewertet werden. Dies führte zu einer signifikanten Reduktion der Entwicklungszeit und -kosten.
MBE-Prozess im V-Modell: Entwicklung des Steer-by-Wire Force Feedback Aktuators
Der MBE-Prozess umfasste die folgenden Schritte im V-Modell:
- Anforderungsanalyse: Erstellen von Modellen, die die Anforderungen des Systems darstellen.
Basierend auf den Prinzipien der modellbasierten Entwicklung (MBE) wurden durch die Erfahrungen der Projektpartner und eine umfassende Anforderungsanalyse die Anforderungen an einen SbW-MRFA Aktuator definiert. Diese Anforderungen umfassen die funktionellen Spezifikationen hinsichtlich der benötigten Momente und Leistungen. Besonders wichtig ist die Unterscheidung zwischen lenkgefühlrelevanten Bereichen und Endanschlägen. Eine detaillierte Anforderungsliste wurde erstellt, Diese Liste ist für die Basis für den Systementwurf und die Modellerstellung des Demonstrators.
- Systementwurf: Entwicklung von Modellen, die die Architektur und das Design des Systems beschreiben.
Das MR-Simulationsmodell spielt eine entscheidende Rolle bei der schnellen Entwicklung und Realisierung des Demonstrators. Durch die Simulation können Regler in der Simulation schon vor dem eigentlichen Aufbau eines Prototyps entworfen bzw. optimiert und Fehler behoben werden. Auch die physikalischen Verhaltensweisen der MR-Bremse und des E-Motors werden modelliert und auf Wechselwirkungen mit den anderen Modellteilen untersucht. Die gesamte Architektur kann nach den theoretischen Vorlagen verknüpft und in einer frühen Phase implementiert werden.
- Implementierung: Generierung von Code oder Hardware aus den Modellen.
Die parallel zum Systementwurf nach den Anforderungen ausgewählte Echtzeit-Hardware kann schon ohne Aktuator auf ihre Lauffähigkeit überprüft werden. Mit der Modellbasierten Entwicklung ist es möglich, in einer Windows-Simulationsumgebung entwickelte Modelle in einer Echtzeitumgebung nutzbar zu machen. Die Modelle werden automatisch in C/C++-Code übersetzt und in Echtzeitobjekte überführt. Diese lassen sich nahtlos im Engineering verwenden, z. B. debuggen und mit Feldbusteilnehmern verknüpfen. Die Blockdiagramm-Visualisierung aus der Simulationsumgebung wird im Engineering übernommen und kann zur Parameteranpassung, zum Debugging sowie zum Signal- und Zustandsmonitoring genutzt werden.
- Verifikation und Validierung: Überprüfung der Modelle und des implementierten Systems gegen die Anforderungen.
Die Verifikation und Validierung sind entscheidende Schritte im Prozess der modellbasierten Entwicklung. Durch die Verifikation wird sichergestellt, dass die entwickelten Modelle korrekt und vollständig die Anforderungen aus 1. erfüllen. Dies erfolgt durch systematische Überprüfungen und Tests der Modelle. Die Validierung hingegen stellt sicher, dass das entwickelte System den realen Anforderungen und Erwartungen entspricht. Dies wird durch Simulationen und praktische Tests, wie „Driver-in-the-Loop“ erreicht. Die Verifikation erfolgt in erster Linie Objektiv mit synthetischen Tests und die Validierung mit der Subjektivbeurteilung und den Probandenstudien.
Leistungsfähigkeit des entwickelten Aktuators
Simulationen und Driver-in-the-Loop Test zeigten, dass der kombinierte Aktuator eine hohe Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit aufweist. Der entwickelte Torque-Splitter-Algorithmus gewährleistet eine hohe Rückkopplungsgenauigkeit und stabile Steuerung unter verschiedenen Fahrdynamikbedingungen. Die Expertenbewertung bestätigte, dass das Lenkgefühl des neuen Aktuators dem eines reinen Elektromotors entspricht, jedoch mit geringeren Kosten und Energieverbrauch.
Vorteile der modellbasierten Entwicklung:
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- Effizienz: Durch die Verwendung von Modellen könnten verschiedene Regler-Optionen schnell und kostengünstig evaluiert werden. Modelle können wesentlich schneller in einer reinen Simulationsumgebung aufgebaut und verbunden werden. Das bietet großer Zeitvorteile gegenüber dem Aufbau direkt auf einem Steuergerät mit komplexen Schnittstellen.
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- Qualität: Modelle ermöglichen eine frühzeitige Erkennung und Behebung von Fehlern, was die Qualität verbessert. Die Optimierung des Reglers kann mit Modellen anders als bei realen Systemen mit mehrfacher Echtzeit automatisiert erfolgen.
Effizienzgewinne ohne Kompromisse durch modellbasierte Entwicklung
Die modellbasierte Entwicklung hat es ermöglicht, einen innovativen SbW Force Feedback Aktuator in kurzer zu entwickeln und realisieren, der sowohl ressourcenschonend als auch kosteneffizient ist. Durch die angewandte Methode könnten entgegen der ersten Planung sogar eine Entwicklungsschleife eingefügt werden und Schwächen des ersten Demonstrators im zweiten Demonstrator behoben werden. Die aufgebauten Modelle konnten dafür praktisch unverändert weitergenutzt werden. Dieses Fallbeispiel zeigt, wie durch den Einsatz von MBE signifikante Einsparungen erzielt werden können, ohne Kompromisse bei der Leistung einzugehen.
Danksagung
Diese Studie wurde durch die Europäische Union „Interreg Bayern-Österreich“ unterstützt.
Bildnachweis: Alexander Ratzing